Oettingers erste Audis

Die sportliche Liaison begann Anfang der 80er Jahre mit dem Coupe GT 5S

Gerhard Oettinger aus Friedrichsdorf machte nähere Bekanntschaft mit der Marke Audi aus Ingolstadt, als zwischen 1980 und 1984 der Fünfzylindermotor mit 115 PS im VW Passat und im Passat Variant, aber eben auch im Audi Coupe GT 5S verbaut wurde. Dem Diplomingenieur sei Dank, dass der 1,9-Liter-Motor mit bewährten Mitteln (Hubraumvergrößerung) zu einem durchzugsstarken 2,3-Liter-Vergaser-Aggregat mit 135 PS mutierte. Noch 200 ccm mehr hatte der nachfolgende Fünfzylinder-Motor aus dem Hause Oettinger ab März 1984. Die Leistung des Audi Coupes stieg dadurch von 135 PS auf 150 PS. 

Oettinger zeigte dem Schanzenstar die Rücklichter

Im Jahre 1986 hatte der Audi 100 Quattro 2,2 Liter Hubraum, der Fünfzylindermotor leistete 138 PS. Und die Nation staunte, wie Rallye-Pilot Harald Demuth in einem TV-Werbespot spektakulär eine schneebedeckte finnische Skisprungschanze erklomm. Doch für den in horizontalen Bahnen verlaufenden Straßenverkehr hatte der Friedrichsdorfer Edel-Tuner die sportlichere Lösung. Denn der Oettinger Audi 100 Quattro 2500 E/5 hatte satte 27 PS mehr als die Serie und dazu einen wesentlich besseren Drehmomentverlauf. Dank der hauseigenen Chrom-Molybdän-Kurbelwelle wurde der Hub auf 94,5 mm (Serie: 86,4 m) angehoben und der Hubraum um 300 ccm erweitert. Oettinger-Spezialteile ersetzten außerdem Serien-Kolben und -Ventile. Schließlich spendierten die hessischen PS-Profis dem Aggregat noch eine Ölkühleranlage. Hatte ein derart aufgewerteter Audi die Friedrichsdorfer Tuningschmiede verlassen, ließ er sich nicht nur schneller (0-100 km/h: 8,6 Sek., Spitze: 214 km/h), sondern vor allem auch wesentlich schaltfauler bewegen. 

Eine technische Spitzenleistung stellte auch der modifizierte Sportmotor für den Urquattro (1980-1986) dar. Die PS-Zauberer aus Friedrichsdorf steigerten ihn von 2,1 Liter auf 2,3 Liter Hubraum und von 200 PS auf 230 PS. Bulligeres Durchzugs-Vermögen bei niedrigen Drehzahlen und noch geringerem Ladedruck begeisterten. 

Audi V8 dank Oettinger nicht mehr träge

Als Flaggschiff der seit 1966 zum VW Konzern gehörenden Marke Audi galt vom Herbst 1988 bis zum Frühjahr 1994 der Audi V8. Sein 3,6-Liter Aluminiummotor hatte 32 Ventile und vier obenliegende Nockenwellen. Wie stets seit ihrer Entwicklung im Jahre 1955 spielte die geniale Chrommolybdänstahl-Kurbelwelle auch in diesem Oettinger-Potenz-Epos die Hauptrolle. Der verlängerte Hub auf 93,5mm (Serie: 86,4 mm) hatte 400 Kubikzentimeter mehr Hubraum zur Folge und in Verbindung mit geschmiedeten Oettinger-Kolben (82,5 mm statt 81 mm), bearbeitetem Zylinderkopf und modifiziertem Motorblock ein Drehmoment von 390 Nm bei 3900/min (Serie: 340 Nm bei 4000/min). Der Drehmomentverlauf überbot zwischen 2300/min und 5900/min stets den maximalen Serienwert. Kraft und unglaubliche Geschmeidigkeit waren die vertrauten Markenzeichen auch dieses 280 PS starken Oettinger-Triebwerks (Serie: 250 PS) in der ersten Oberklasselimousine aus Ingolstadt. Dazu trug sie auch einen raumfüllenden Namen: Audi V8 Oettinger PT 4000/32 V Kat. „Das etwas träge Verhalten in Verbindung mit dem Automatikgetriebe wurde durch Oettingers Eingriff wesentlich verändert,“ registrierte die Zeitschrift „Test& Tuning“ im Jahre 1989. 

Audi 80 und 90 Quattro: mehr Dampf dank Oettinger

Doch hatte Oettinger nicht nur den elitären Audi-Käufer im Blick, sondern ebenso den Fahrer der Mittelklasse. So wurde zunächst die Leistung des Audi 80 mit serienmäßigen 113 PS um zehn PS gesteigert, und der Audi 80 Turbodiesel hatte nach einem Tuning-Aufenthalt in Friedrichsdorf nun nicht mehr nur 80 Pferdchen, sondern ebenso zehn mehr. 

In Heft 8/1983 testete die „sport auto“ zwei getunte Audi 80 B 2 Quattro, (die von 1982 bis 1984 mit fünf Zylindern und 2,1 Litern ab Werk mit 136 PS ausgeliefert wurden). Das Oettinger-Konzept erreichte mit Hubraumvergrößerung auf 2,3 Liter, größeren Kanalquerschnitten, geänderten Ansaugrohr und Auspuffkrümmer 155 PS und vor allem die gewohnt enorme Elastizität. Der Testredakteur: „Der 2400 E/5-Motor kann genau das besonders gut, woran es dem Serienmotor fehlt. Im unteren Bereich hat er deutlich mehr Dampf als das etwas träge reagierende Serienangebot.“ Testfazit: Beim Oettinger-Quattro sei das hehre Ziel, gute Eigenschaften eines Autos zu verbessern und schlechte auszumerzen, „weitgehend gelungen.” 

1987 kam der Audi 90 B3 Quattro auf die Straßen. Ab Werk hatte er den 2,2-Liter-Fünfzylinder-Motor aus dem Audi 100 Quattro. Die Oettinger-Version erhielt auch den 2500 E/5-Motor und vermittelte auf Wunsch gern auch nach außen seine inneren Werte. Denn der Oettinger Audi 90 Quattro war mit Sportfahrwerk, extra breiten Rädern und eigenen Armaturen lieferbar, wie sich einem nahezu neuwertigen und doch fast 30 Jahre alten Hausprospekt entnehmen lässt... 

Der Oettinger Audi 100 Quattro 2500 E/5 Mehrleistung durch Hubraumerhöhung war beim 2500E die Maxime im Hause Oettinger. Der ab Werk 138PS starke 2,2l Fünfzylindermotor legte durch umfangreiche Modifikationen zumindest auf dem Papier auf das Niveau der abgasgereinigten 2,2l Turboversion (MC) zu. Die 165 PS resultierten in erster Linie aus einer kräftigen Hubraumerhöhung auf 2,5 Liter mittels einer CroMo-Kurbelwelle, durch die der Hub von 86,4mm in der Serie auf 94,5mm angehoben werden konnte.

Die Zylinderbohrungen wurden eher zurückhaltend von 81,0 auf 82,0 mm erweitert, denn von der hohen Lebensdauer eines Audi-Fünfzylinders sollte dieser Oettingermotor keine Ausnahme machen. Geschmiedete Muldenkolben und eine Verdichtung von 10,1::1, sowie eine angepasste Serieneinspritzanlage waren weitere Maßnahmen. Der Zylinderkopf des 2500E/5 wurde ebenfalls modifiziert: Kanäle wurden leicht geweitet und poliert, die Serienventile (Einlass 38mm/Auslass 33mm) wurden durch Oettingerteile in den Dimensionen 40mm (Einlass) und 35mm (Auslass) ersetzt. Ansaugrohr, Auspuffkrümmer und Verteilerkennlinie wurden ebenfalls angepasst, eine Ölkühleranlage rundete das Paket ab.

Als Ergebnis lieferte der 2500E/5 121kw/165PS aus 2495ccm Hubraum, sowie ein gesteigertes Drehmoment von 215Nm bei 4600/UMin gegenüber maximal 188Nm bei 3600UMin beim Audi-Serienmotor. Der satte Drehmomentverlauf des 2500E/5 bescherte einen Kraft oberhalb des Serienmotorhöchstwerts von 188Nm zwischen 2500 und 6300U/Min, er lud also durchaus auch zum schaltfaulen Fahren ein. 

Die Fahrleistungen des Testfahrzeugs stellten sich 1986 wie folgt dar: 0-80km in 5,8 Sek.

0-100km in 8,6 Sek.

0-120km in 12,1 Sek.

0-160km in 23,3 Sek.

80-120km 6,4 Sek.

40-60km im 5. Gang in 6,3 Sek.

40-80km im 5. Gang in 13,2 Sek.

40-100km im 5. Gang in 20,0 Sek.

V-Max. 214kmh als quattro mit Fünfgangschaltgetriebe (5. Gang 0,806, Achsübersetzung 4,111, Reifen: 205/60VR15) 

Der Testverbrauch der Zeitschrift "Gute Fahrt" lag mit 12,4Litern auf 100km genau 0,7l unter dem Audi-Serienpendant. 

Der Motorumbaupreis bei der Oettinger GmbH betrug im Januar 1986 8590DM.